Vorverstärker

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Gyratech G9 Vollröhren-Mikrofonverstärker

Die Der Gyraf G9 Vollröhren-Preamp ist zwischenzeitlich ein Klassiker in der DIY-Szene. Die Schaltung des Vorverstärkers wurde von Gyraf-Audio Dänemark entwickelt und steht unter www.gyraf.dk frei zur Verfügung. Im Netz finden sich zudem zahlreiche Hersteller entsprechender Platinen. Da ich bisher ausschließlich fertige Preamps mit Gehäuse und ein wenig Peripherie versehen hatte, war dieses Projekt für mich eine erste Gelegenheit, einen Vorverstärker komplett aufzubauen. Daneben stellten der Aufbau mittels Röhren und die entsprechend hohen internen Betriebsspannung bis 245V eine der Herausforderungen dar.

Den Aufbau wollte ich in Form einer Mischung aus klassischer Point-to-Point-Verdrahtung und Kleinserien-Platinen bewerkstelligen. Die Eigenentwicklung der Platinen brachte mir wieder ein Stück mehr an Erfahrungen, diente aber auch dazu, kleinere Modifikationen an der Originalschaltung vornehmen zu können. Zum Entwurf der Platinen habe ich das kostenlose PC-Programm Target 3001 benutzt. Nach einiger Einarbeitungszeit gelingen damit kleinere Platinen perfekt. Ich habe für den Preamp insgesamt 3 Platinen entworfen: Eine für das Netzteil, eine für den Röhrenverstärker-Teil und - wie nachfolgend zu sehen - eine für die Lundahl Ein- und Ausgangsübertrager.

Lundahl Ein- und Ausgangsübertrager

Eigentlich sollte dieser Aufbau Problemen vorbeugen. Doch dieser Wunsch sollte sich nicht sofort erfüllen. Nach Aufbau und Verkabelung des Vorverstärkers funktionierte zunächst alles scheinbar einwandfrei und ich machte mir schon Gedanken um Klangcharakter, Färbung und Rauschteppich, da vernahm ich bei voller Verstärkung ein deutlich wahrnehmbares Störgeräusch, dass sich für mich nach einem klassischen Ground-Loop anhörte. Also ein Geräusch, dass vergleichbar mit dem Brummen eines Gitarrenverstärkers ist, nur eben deutlich leiser und über das gesamte Frequenzspektrum verteilt. Auf dem Spektrum-Analyser konnte ich das Störgeräusch bei ca. -80dBFS lokalisieren. Die Beseitigung sollte genau so viel Zeit in Anspruch nehmen, wie der Aufbau des Verstärkers im Vorfeld brauchte. Insofern soll die nachfolgende Beschreibung des Projektes insbesondere der Fehlerlokalisierung dienen.

Die Lösung des Problems konnte nur durch systematische Prüfung der kompletten Schaltung erfolgen. Ich prüfte daher zunächst sämtliche Kabel, insbesondere die Schaltungsmassen und deren Erdung - ohne Erfolg. Nachdem ich nochmals akribisch den gesamten Schaltungsaufbau einschließlich der Verkabelung der Frontplatte geprüft hatte, ohne Erfolg - versteht sich, konnte der Fehler nur am Netzteil selbst liegen.

So sah das Problem bei voller Verstärkung eines Sennheiser MD421 auf dem Analyser aus:

Störgeräusch im Analyser

Leider stand mir zur Prüfung kein Trenntrafo mit regelbarer Ausgangsspannung zur Verfügung. Mit einem Trenntrafo hätte ich die Röhrenschaltung leicht ohne das Netzteil betreiben und ggf. das Netzteil als Fehlerquelle lokalisieren können. Ohne Trenntrafo musste ich auch hier Schritt für Schritt Vorgehen.

Hier zunächst ein Blick auf das ursprüngliche Design des Netzteils inkulsive der beiden Print- Ringkerntrafos:

Netzteil mit Ringkerntrafos

Als erstes baute ich das Netzteil wieder komplett aus, verlängerte die Anschlussleitungen und legte es außerhalb des Verstärkers. Das Störgeräusch wurde dadurch leider nicht beseitigt. Daher entschloss ich mich, die beiden Print-Ringkerntrafos von der Netzteil-Platine zu entfernen. Diese schloss ich sowohl in deutlicher Entfernung zum Verstärker und auch zur Netzteil-Platine mittels Kabeln wieder an. Und siehe da, dass Störgeräusch war deutlich vermindert. Obwohl ich Ringkerntrafos für das Projekt benutzte, die über geringere Streufelder verfügen als herkömmliche Trafos, waren diese der Grund allen Übels.

Ich verbaute die Netzteilplatine also wieder ohne die beiden Ringkerntrafos im Preamp-Gehäuse. Nun hatte ich auf der Netzteilplatine ein wenig mehr Platz, den ich für einen größeren Kühlkörper am Spannungsregeler der Röhrenheizung nutzen konnte, der vergleichsweise viel Wärme abgibt. Die beiden Ringkerntrafos sollten - so der Plan, in einen separaten Aluminiumgehäuse an der Rückseite des Preamps Platz finden. Also habe ich mir ein Eurokartengehäuse besorgt, die Ringkerntrafos auf einer Lochrasterplatine untergebracht und dieses Gehäuse hinten an den Verstärker geschraubt. Nach Stunden der Gehäusebearbeitung und Verkabelung schaltete ich den Verstärker in freudiger Erwartung ein und ... musste feststellen, dass der Störgeräuschpegel wieder in unverminderter Höhe vorhanden war :-(

Ich benötigte einige Tage, diesen Schock zu überwinden. Nachdem die Enttäuschung sich langsam verminderte, ergaben sich neue Lösungsansätze. Zwischenzeitlich wurde mir klar, dass mein Problem mit den magnetischen Streufeldern der beiden Ringkerntrafos zusammenhing. Offensichtlich konnte weder das Blechgehäuse, in dem sich der Preamp befindet, noch das Alugehäuse für die Ringkerntrafos diese Felder wirksam abschirmen. Ich wollte jedoch die Trafos auch nicht in einem Meter Entfernung zum Rest des Preamps betreiben, mit der Montage auf der Rückseite des Preamps konnte ich gerade noch leben. Bereits seit längerer Zeit war mir bekannt, dass sich sogenanntes MU-Metall zur Abschirmung von Magnetfeldern eignet. Es wir z. B. auch zur Abschirmung der Ein- und Ausgangsübertrager verwendet. Leider ist MU-Metall recht kostenintensiv.

Bei don-audio.com fand ich speziell legierte Metallstreifen, die sich ebenfalls zur Abschirmung magnetischer Felder eignen sollten. Auch nicht ganz billig, jedoch im Rahmen des machbaren. Ich gebe allerdings zu, das ich anfangs skeptisch war, ob mein Problem durch einen Metallstreifen in der Größe 35 cm x 4 cm beseitigt werden konnte. Die Streifen sollte man einfach um den Ringkerntrafos biegen. Nach oben war der Trafo damit immer noch offen. Und dies soll die Magnetfelder wirksam abschirmen? Was soll ich sagen, diese kleinen Streifen wirken Wunder und konnten mein Problem tatsächlich vollständig beseitigen. Ich werde sie daher zukünftig standardmäßig verbauen-so es weitere Röhrenprojekte gibt.

Hier nun noch die Eckdaten des Verstärkers:

- Vollröhrendesign, d.h. Verstärkung basiert ausschließlich auf Röhren
- Lundahl Ein- und Ausgangsübertrager auf separater Platine direkt an den XLR-Buchsen
- sämtliche Platinen mit separaten Massekabeln versehen
- sternförmige Erdung sämtlicher Schaltmassen und Gehäuseteile an einem einzigen Punkt
- separate Schirmung des internen Netzkabels zum Netzschalter auf der Frontseite
- separate Schirmung sämtlicher interner Verbindungskabel
- Grayhill Drehschalter und ALPS Leitplastik-Potentiometer
- hochwertige Kondensatoren von Siemens, WIMA und EPCOS
- ca. 55dB Gain
- Phasendrehschalter, PAD-Schalter für Line-Betrieb, 48V Phantomspeisung jeweils mit LED-Statusanzeige
- Realisierung Phasendrehung und Input-PAD mittels Relais

Und natürlich ein paar Bilder von der Urversion des Preamps (aktuelle Bilder von der modifizierten Version folgen demnächst):